Neustadt in Sachsen, 18. Oktober 2022
Am Montag, dem 17. Oktober 2022, 18:00 Uhr, lud Bürgermeister Peter Mühle auf den Neustädter Markt zu einem Bürgerdialog ein. Hauptthema waren die derzeitige Energieproblematik und die steigenden Energiekosten sowie die ständige Erhöhung der Lebensmittelpreise. Im Anschluss an die Gespräche nahm er gemeinsam mit den 180 Anwesenden am Montagsspaziergang durch unserer Stadt teil.
Mit den folgenden Zeilen, die auch im Amtsblatt der Stadt Neustadt in Sachsen erschienen sind, wendet er sich zu diesen Themen an alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt.
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
die Ereignisse rund um die Energiemangellage in unserem Land nehme ich zum Anlass, Sie über einige Sachverhalte zu informieren.
Es sind schwierige Zeiten, die wir alle miteinander erleben. Seit mehreren Jahren befinden wir uns in einer Art Dauerkrise. Nach der Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 bis 2017, den massiven Einschränkungen aufgrund der Coronapandemie, besonders in den Jahren 2020 bis 2022 und auch in der jetzigen Zeit, wo durch den Krieg in der Ukraine die weltpolitische Lage aus den Fugen geraten ist.
Nun müssen wir uns auch im eigenen Land und in unserer Stadt auf Dinge vorbereiten, an die so richtig keiner glauben mag, zu der uns aber die derzeitige Bundespolitik zwingt.Die Gaspipeline Nord Stream 1 ist defekt. Durch die Bundesregierung wird es jedoch abgelehnt, die für viele Milliarden EURO neu gebaute Pipeline Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen. Damit wären das Thema „Gasmangel“ gelöst und die damit verbundenen notwendigen Improvisationen vom Tisch.
Eine sehr große Herausforderung stellt die Absicherung der Gas- und Stromversorgung dar. Durch die Bundesnetzagentur wurde die Alarmstufe 2 des Notfallplanes Gas am 23. Juni diesen Jahres ausgerufen. Für die Stromversorgung wurden zwar einige alternative Lieferanten wie Norwegen und die Niederlande vertraglich gebunden, jedoch sollte in Berlin schnellstens ein Umdenken erfolgen und sowohl die noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke am Netz bleiben, aber auch die Kohlekraftwerke (egal ob Stein- oder Braunkohle) optimal ausgelastet werden. Ein entsprechendes „Überangebot“ würde auch wieder zu bezahlbaren Energiepreisen führen.
Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass auf die Abschaltfestlegungen der Bundesnetzagentur, besonders im Hinblick auch auf die Gasversorgung, die Stadt keinen Einfluss hat. Fest steht jedoch, dass Privathaushalte und die Wärmeerzeugungsanlagen für die Versorgung der Wohngebiete an letzter Stelle einer Abschaltung stehen.
Wir müssen uns dennoch aufgrund der genannten Tatsachen einer möglichen Mangellage auf gewisse Szenarien vorbereiten. Und das für eine Stadtverwaltung Mögliche wird getan. Eine exakte Einschätzung ist jedoch durch die herrschende Dynamik schwer möglich. Derzeit entsteht für unsere Stadt ein Notfallplan, der sowohl für die Eventualitäten eines flächendeckenden Stromausfalls und Ausfall der Gaslieferung Vorkehrungen trifft, wobei Umfang und Dauer nicht bestimmt werden können. Eingebettet ist dieser Notfallplan in ein Energiekonzept für unsere Stadt und besteht aus drei wesentlichen Punkten:
In den letzten Jahren sind in allen Ortsteilen bereits viele Maßnahmen der Umrüstung unserer fast 3000 Leuchtpunkte zu einer energiesparenden Betreibung durchgeführt worden. Diese Strategie wird konsequent weiterverfolgt. Der besonderen Situation geschuldet, werden derzeit weitere Einsparpotentiale gesucht, um den Energieverbrauch weiter zu reduzieren und dabei aber die allgemeine Sicherheit nicht zu gefährden.
Neben den bereits bei einigen Unternehmen, städtischen Einrichtungen sowie privaten Betreibern installierten alternativen Anlagen zur Stromgewinnung (z. B. Photovoltaik) wird auch auf diesem Sektor nach weiteren Möglichkeiten gesucht.
Muss es zu Abschaltungen kommen, so sind das in erster Instanz die Schließung von städtischen Einrichtungen wie dem Museum, der Mariba Freizeitwelt, der Bibliothek sowie der Neustadthalle und dem folgend die Sporthallen sowie die Abschaltung der Straßenbeleuchtung. Die Verwaltung wird im Notbetrieb arbeiten und nur die notwendigsten Stellen, wie z. B. das Standesamt besetzen und eine Anlaufstelle für die Bürger offenhalten.
In der Daseinsvorsorge gibt es für die Verwaltung drei Schwerpunkte. Die genannte Notbesetzung der Stadtverwaltung, die Besetzung der ortsfesten Befehlsstelle der Feuerwehr, um als Ansprechpartner für mögliche Einsätze der Feuerwehr und des Rettungsdienstes zu fungieren sowie das Objekt Sportforum so einzurichten, dass sich die Menschen im Notfall treffen und aufhalten sowie betreut werden können. An diesen drei Stellen und an den Feuerwehrgerätehäusern aller Ortsteile wird es (neben der elektronischen Information, solange diese intakt ist), einen sogenannten Notfallinformationspunkt geben, wo sich alle wichtigen Informationen der Stadt zur Einsicht befinden.
Derzeit gibt es noch Absprachen mit dem Katastrophenschutz des Landkreises, unseres ASB-Ortsverbandes, dem Trinkwasserzweckverband, den Abwasserzweckverbänden und den umliegenden Kommunen.
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
Sie für die derzeitige Lage zu sensibilisieren ist eine meiner Aufgaben.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) bietet hierfür unter www.bbk.bund.de interessante Informationen mit Hinweisen und Tipps sowie einer Checkliste zur Vorsorge an. Legen Sie sich bitte mit Augenmaß Vorräte an, damit Ausfallzeiten von Gas, Strom und auch Wasser im Notfall überbrückt werden können. Dazu zählen neben Taschenlampen und Kerzen auch Lebensmittelvorräte für einige Tage.
Die tägliche aktuelle Entwicklung sollte in den Medien verfolgt werden. Unsererseits werden wir Sie auch auf den der Stadtverwaltung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, wie dem Amtsblatt, hier auf der Webseite, auf Facebook oder Instagram auf dem Laufenden halten und berichten.
Ich denke, wir sind uns als Bürger unserer Stadt einig, dass die Verursacher dieser Krise an anderer Stelle zu suchen sind. Eine gute Vorbereitung auf mögliche Eventualitäten ist jedoch gerade jetzt äußerst wichtig, um unliebsamen Folgen vorzubeugen. Erklärtes Ziel ist es, Einschränkungen im täglichen Leben unserer Stadt auf ein minimales Risiko zu senken.
Auch in dieser schwierigen Zeit stehen wir Ihnen als Verwaltung als ein kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung. Leben Sie bitte wieder eine gute Nachbarschaft.
Achten Sie bitte auf Ihre Nachbarn, besonders wenn es sich um ältere Menschen oder gar Pflegebedürftige handelt. Besonders diese Mitbürger benötigen unsere besondere Aufmerksamkeit. Niemand darf allein gelassen oder gar vergessen werden.
Ich wünsche uns allen die notwendige Kraft, auch diese besondere Situation zu meistern.
Herzlichen Dank, Ihr Bürgermeister Peter Mühle